Matern Feuerbacher

Matern Feuerbacher

 (* um 1484/1485; † vor 1567) war ein Anführer der Bauern im Bauernkrieg. Er lebte um 1500 in Großbottwar.

Matern Feuerbacher
Manfred Lebherz, ehemaliger Lehrer an der MFR,verkleidet als Matern Feuerbacher

Matern Feuerbacher wurde um 1484 in Bottwar (heute: Großbottwar) als Sohn des Schultheißen Hans Feuerbacher geboren. Zunächst war er Wirt und Ratsherr, ab 1525 sind seine Taten als Hauptmann der Bauern im Bauernkrieg dokumentiert.

Als Großbottwar 1525 zum Zentrum des Bauernkriegs wurde, wählten die Bürger der Stadt den wohlhabenden Gastwirt und Hofbesitzer am 16. April 1525 am Wunnenstein zu ihrem Anführer. Bald folgten ihm über 8.000 Bauern.

Feuerbacher bemühte sich stets um Verhandlungen zwischen der Obrigkeit und den Bauern, setzte sich für Mäßigung ein und hielt die Bauern unter seinem Kommando von größeren Gewalttaten und Gemetzeln ab.

Unsere Matern-Feuerbacher-Realschule wurde zur Würdigung seiner Bemühungen nach ihm benannt.

Matern Feuerbacher und der Bauernkrieg in Württemberg

 

Teil 1:

Matern Feuerbacher, oberster Hauptmann der württembergischen Aufständischen im Bauernkrieg von 1525, der historisch bedeutendste Sohn der Stadt Großbottwar 

Matern Feuerbacher wurde als Sohn des ehemaligen (Groß-)Bottwarer Ratsmitglieds und Altschultheißen, Hans Feuerbacher um 1484/85 in Großbottwar geboren. Sein Todesjahr war wohl vor 1567. Er war wohlhabender Bürger der Kleinstadt, besaß einen Hof und eine gutgehende Wirtschaft. Das Lagerbuch des Amtes (Groß-)Bottwar von 1528 bezeugt eine Scheune, Äcker und Baumgärten. Im Vergleich zu den anderen Bürgern der Stadt war sein Vermögen recht groß. Sein Wohnhaus stand am Marktplatz in der Nähe des Rathauses. Die Stadt Großbottwar war damals innerhalb der Stadtmauern in vier Viertel aufgeteilt: Feuerbachers Haus wird beschrieben als im 3.Viertel an der Ecke zum Marktplatz stehend, also das frühere i-Dipfele oder Ratsstüble. Es befindet sich neben der Johannispfründe (bzw. Stadtschänke), die 1434 erbaut wurde und das älteste Haus im heutigen Kreis Ludwigsburg ist.

Teil 2:

Der Bauernkrieg in Baden-Württemberg bis zum 16. April 1525

Südwestdeutschland war damals um 1525, am Übergang vom Mittelalter in die Neuzeit, stark zersplittert und bestand aus einigen großen und vielen kleinen Herrschaftsgebieten und auch aus freien Reichsstädten, die nur dem Kaiser unterstanden.  

Die dem Bottwartal nächstgelegene Reichsstadt war Heilbronn, das auch vier Dörfer besaß.

Der Bauernkrieg begann außerhalb des Herzogtums Württemberg nämlich im Sommer 1524 im Klettgau, im Hegau, in Oberschwaben und im Allgäu.

Im März 1525 wurden in Memmingen die Forderungen der Bauern zusammengefasst. Diese „Zwölf Artikel“ der oberschwäbischen Bauern wurden ca. 25.000 Mal gedruckt und weit verbreitet. Neben der Magna Charta von 1215 gelten sie als eine der ersten niedergeschriebenen Forderungen nach Menschenrechten in Europa.

Im selben Jahr schwappte der Aufstand zuerst nach Franken über, bevor er sich bei uns ausbreitete.

Der Beginn des Bauernkriegs in Franken

Außerhalb Württembergs begann sich Anfang April in Schöntal ein Bauernhaufen zu bilden. Diesem Odenwälder Haufen schloss sich der Hohenloher Haufen unter Wendel Hipler an. Beide Haufen belagerten um den 10. April die Burg Neuenstein und zwangen die Grafen von Hohenlohe zum Anschluss an die Bauernbewegung. Die beiden Adeligen mussten den Bauern ein gutes Feldgeschütz und 3.000 (Hand-)Büchsen ausliefern.

Der Neckartäler Haufen, der schon am 2. April in Flein vom Böckinger Gastwirt Jäcklein Rohrbach (mit mehr als 2.000 Bauern) gegründet wurde, bestand hauptsächlich aus Bauern der vier Heilbronner Dörfer. Schon am 1. April warb der radikale Rohrbach, auch in der württembergischen Amtsstadt (Groß-)Bottwar um Anhänger zum Zuzug in seinen Haufen.

Am Palmsonntag (9. April) plünderte Rohrbachs Haufen Kloster Schöntal, am 12. April das Zisterzienserinnen-Kloster Lichtenstern.

Nachdem die Odenwälder und Hohenloher Haufen Zuzug vom Neckartäler Haufen bekommen hatten, zogen alle etwa 6.000 Mann, an Heilbronn vorbei, am Karfreitag, den 14. April, weiter nach Neckarsulm, ins Herrschaftsgebiet des Deutschen Ordens. An diesem Tag wurde die Stadt besetzt. Nun gab es auch noch einen Zuzug Württemberger Bauern aus dem Amt Weinsberg. Der Obervogt dieser nördlichen württembergischen Amtsstadt, Graf Ludwig Helfrich von Helfenstein, befahl seinen Weinsberger Bauern, heimzugehen. Da sie das nicht taten, griff Graf Ludwig den Bauernhaufen auf seinem Zug durch das Weinsberger Tal mehrmals an. Besonders Nachzügler wurden getötet. Auch drohte der Graf den Bauern vom hohen Ross, die Dörfer der aufständischen Bauern zu verbrennen und ihre Frauen und Kinder zu töten. Erbittert fassten nun die Bauern den Entschluss, die württembergische Amtsstadt und Schloss (bzw. Burg) Weinsberg am Ostersonntag (16. April) anzugreifen und einzunehmen.

Von der Gründung dieser drei Bauernhaufen außerhalb Württembergs wurde die Habsburger Statthalterregierung in Stuttgart sofort unterrichtet. Deshalb befahl die Regierung in Stuttgart sofort, die Nordgrenze zu Franken militärisch gegen die „ausländischen“ Bauern zu sichern. Für das nördliche württembergische Amt Weinsberg war der Obervogt Ludwig von Helfenstein zuständig, für die Ämter Bottwar (Großbottwar) und Beilstein betraf es (seit 1521) den Obervogt Dietrich von Weiler d.Ä., der auch über Besitztum und Einkünfte im Weinsberger Tal verfügte.     Obervogt Graf Helfenstein, der zu Beginn der Karwoche in Stuttgart gewesen war, kehrte mit etwa 60 niederadeligen Rittern und Reisigen (bewaffnete nichtadlige Reiter) nach Weinsberg zurück.

Die Weinsberger Bluttat als Auslöser für Matern Feuerbachers Wahl zum württembergischen Bauernhauptmann

Da Weinsberg in der Nacht auf Ostersonntag den Angriff des Bauernheeres erwartete, waren beide Stadttore gut besetzt und bewacht. Von den beiden sich in Weinsberg zur Verteidigung befindenden württembergischen Amtsträgern (Obervögten), war Dietrich von Weiler d.Ä. der führende Kopf der Verteidigung. Er war älter und erfahrener als der Graf von Helfenstein.

Angesichts der Tatsache, dass die in Schöntal lagernden Bauern des Neckartäler Haufens, die schon die Klöster Schöntal (9.4.) und Lichtenstern (12.4.) geplündert hatten, vorhaben würden, bald auch das Frauenkloster in Lauffen zu plündern, hatte inzwischen die württembergische Amtsstadt Lauffen von Stuttgart Hilfe erbeten.

Stuttgart befahl nun, dass ein Landesaufgebot Bewaffneter von einigen Ämtern ausgehoben werden müsse. Und so rekrutierte Obervogt Weiler in Großbottwar ein Aufgebot von 30 Mann, die u.a. zu Ostern nach Lauffen ausrücken sollten, um die Stadt vor dem Bauernheer zu schützen. Diese Großbottwarer Auswahl sollte Matern Feuerbacher anführen.

Bis jetzt zogen die nichtwürttembergischen Bauernverbände durch das Land, plünderten Klöster, stürmten Burgen und belagerten Städte. Sie brachten aber keine Menschen um. Das änderte sich allerdings nachdem die drei vereinten Bauernhaufen durch das Weinsberger Tal zogen und Graf Ludwig von Helfenstein viele Bauern tötete. Auch waren die Bauern sehr erzürnt als Obervogt Weiler in Weinsberg gegen das Kriegsrecht verstieß und auf Unterhändler schoss, die normalerweise freies Geleit hatten.

Am 16. April (Ostersonntag) griffen die Bauern die Stadt Weinsberg an: Schon in der Frühe waren Graf Helfenstein und Dietrich von Weiler in der Stadt erschienen, wo die Reisigen und Bürger sich in „Wehr und Waffen“ versammelt hatten. Zwei Bauernsprecher, wie schon erwähnt, kamen an das Untere Tor und forderten, die Stadt zur Übergabe auf. Dietrich von Weiler stieg auf den Torturm, ergriff eine Hakenbüchse und schoss auf die Bauern. Aber niemand wurde getroffen. Dann musste jeder seine Verteidigungsstellung auf den Stadtmauern einnehmen. Dietrich hatte die Schüsse anscheinend als Abschreckung gedacht, die Bauern deuteten das aber als Kampfansage. Der Graf sandte noch 5 Reisige und einige Bürger zur Verstärkung der Verteidiger auf das Schloss, die die belagerte Stadt durch eine kleine Tür hinter der Kirche verließen. Dietrich von Weiler und der Graf gingen nun zur Messe in die Kirche. Als die Bauern auf das Schloss vorrückten, wurde Weiler aus der Kirche gerufen, der nun vom Wolfsturm an der Stadtmauer bei der Kirche den Sturm auf Schloss Weinsberg beobachtete. Der Graf blieb in der Kirche. Nun rannten die Bauern von Nordwesten gegen das Burgschloss. Ein Teil der Mauer war nur notdürftig durch Weidengeflechte repariert, die zerstört wurden. Das hölzerne Eingangstor wurde mit Äxten zerschlagen.

Bei der Erstürmung des Schlosses wurde ein großer Teil der Besatzung umgebracht. Überlebende wurden nach unten vor die Stadt gebracht. Der Gräfin Margarethe von Helfenstein geschah nichts, auf einem Karren wurde sie mit ihrem Kind in die Reichsstadt Heilbronn gebracht. Eine Stunde nach dem Angriff, das Schloss war nun geplündert, wurde es angesteckt und ausgebrannt. Seitdem gibt es nur noch eine Ruine auf dem Berg.

Nun kam es zum Angriff auf die Stadt. Nachdem das Untere und das Obere Tor eingenommen waren, retteten sich Verteidiger und Bürger in die Johanneskirche. Andere, so auch der junge Dietrich von Weiler, eilten auf den Wolfsturm.

Die Bauern brachen die Kirchtüren auf und ein tödlicher Kampf brach los. Die Reisigen wurden erschlagen, die Weinsberger Bürger dagegen verschont. Dietrich von Weiler d.Ä. war auf den Kirchturm geflohen und bat laut nach unten um Frieden. Aber eine Kugel traf ihn tödlich im Hals. Die Bauern, unter ihnen Jäcklein Rohrbach, stürmten die Wendeltreppe den Kirchturm hinauf. Die etwa 12 Adligen gaben auf und lieferten ihre Waffen ab. Sie wurden abgeführt. Die Leiche des Dietrich d.Ä. von Weiler wurde vom Turm nach unten geworfen. Auch um den Wolfsturm bei der Kirche, der zur Stadtseite offen war, wurde hart gekämpft. Dietrich von Weiler der Jüngere, wurde hier auch umgebracht.

Bald bildeten die siegreichen Bauern auf der Wiese vor dem Unteren Tor eine Gasse zum Spießrutenlauf, einer grausamen und unehrenhaften Angelegenheit. Im 16. Jahrhundert wurden bei den Söldnerarmeen auf diese Weise Soldaten bestraft, die für ein schweres Verbrechen verurteilt worden waren.  

Der Graf und die anderen adeligen Gefangenen wurden öffentlich durch diese Gasse getrieben und erstochen.

Um elf Uhr war alles zu Ende. Die Eroberung von Schloss und Stadt dauerte also nur zwei Stunden. Die toten Adeligen sollen noch am Osterdienstag auf der Hinrichtungsstätte gelegen haben. Diese Gewalteskalation von Weinsberg gilt als Wendepunkt des Bauernkriegs.

Nach der Weinsberger Bluttat war die Folge während des Aufruhrs, dass viele Städte jetzt auf jeglichen Widerstand verzichteten und freiwillig ihre Tore öffneten. Teilweise gaben auch Adlige ihre Burgen kampflos auf.

Nun trat auch Matern Feuerbacher ins Licht der Geschichte. Er wollte verhindern, dass weitere solche Grausamkeiten auch im Herzogtum Württemberg durchgeführt werden würden. Also ließ er sich zum Hauptmann des württembergischen Bauernhaufen wählen.

Teil 3:

Der Zug des Württemberger Haufens durch das Herzogtum

Am Morgen des Ostersonntags (16. April 1525) musste nun das Großbottwarer Landesaufgebot (Kontingent) unter Führung des Matern Feuerbacher zur Neckarstadt Lauffen ausrücken, um sich dort dem Landesangebot der Stuttgarter Regierung anzuschließen. Am Karfreitag war aber schon vom Weinsberger Haufen ein Schreiben in Großbottwar eingetroffen, das die Großbottwarer Bauern aufforderte, sich den Weinsberger Aufständischen anzuschließen, und nicht nach Lauffen zu ziehen, sondern auf den Wunnenstein. Die Großbottwarer sollten also einen Seitenwechsel von der Regierungsseite zu den Aufständischen vornehmen. Vom Wunnenstein wollte man dann die Orte der Umgebung zum Zuzug (Anschluss) auf den Berg auffordern. Matern Feuerbachen, der zur Ehrbarkeit der württembergischen Amtsstadt gehörte und sich der Obrigkeit gegenüber immer loyal verhielt (auch schon beim Aufstand des armen Konrad, 1514) war aber gegen den Seitenwechsel. Nach dem Erhalt der Nachricht von der Weinsberger Bluttat zogen nun am Abend rund 200 Großbottwarer ohne ihren Anführer Matern Feuerbacher auf den Wunnenstein, dabei hatten sie Fahne, Pfeifen und Trommeln, aber auch Harnisch und Waffen. Dort fanden sich auch bald Gleichgesinnte aus den Nachbarorten ein.

So zogen auch viele bewaffnete Bauern aus Ilsfeld mit auf den Wunnenstein, von denen ca. 30 Mann den Bauernkrieg überleben sollten. So hatte sich also am Ostersonntag der Wunnensteiner Haufen gebildet.

Feuerbacher hingegen beriet sich noch am Abend und in der Nacht mit dem befreundeten Adel, der ihm riet, in mäßigender Weise den Hauptmannsposten anzunehmen.

Ostermontag, 17. April: Am Morgen des Ostermontags ließen sich die Aufständischen in der alten Michaelskirche auf dem Wunnenstein die Messe lesen. Dem Pfarrer Wilhelm Helber aus Winzerhausen, dem Ort unterhalb des Wunnensteins, wurde versprochen, dass ihm nichts passieren werde. Auch Matern Feuerbacher kam auf den Wunnenstein und forderte die Aufständischen auf, nach Hause zu gehen, denn sie würden keinen Erfolg haben. Davon wollten diese jedoch nichts wissen und drohten, sich dem radikalen Weinsberger Haufen anzuschließen. Nach langem Wortwechsel nahm Feuerbacher die Wahl zum Hauptmann der Bauern des Bottwartals an, denn er wollte den radikalen Jäcklein Rohrbach von Württemberg fernhalten

Der „Helle Haufen“, wie sich die Aufständischen jetzt nannten (später „Heller Christlicher Haufen“), gab sich auch eine erste militärische Organisation, die den Bauern schon von regelmäßigen Musterungen und von den Landsknechten bekannt war. Diese anderen Ämter eines Heeres bzw. (Landsknechts-)Haufens, die noch vergeben wurden, waren weitere Hauptleute, Weibel, Trabanten, Steckenknechte u.a. Vom Wunnenstein wurden sofort Aufforderungen zu den umliegenden Ortschaften gesandt, um neue Anhänger zu rekrutieren. Diese Aufforderungen waren sehr gemäßigt und nicht mit der Radikalität anderer Haufen zu vergleichen. So kamen ebenfalls Bauern aus Oberstenfeld und Gronau auf den Wunnenstein. Auch Beilsteiner Bauern versorgten sich mit Brot und Wein aus den herrschaftlichen Vorräten im „Kasten“ und zogen auf den Wunnenstein. Der neue Bauernführer strebte sofort auch die Verständigung mit der Obrigkeit an. Er setzte Verhandlungen mit Landtagsvertretern an, denn der Landtag (Landschaft) tagte gerade in Stuttgart. Dieser wollte natürlich wissen, was die Versammlung auf dem Berg im Bottwartal vorhabe. Am selben Tag bat auch die Witwe des Dietrich von Weiler in flehentlichen Briefen um den Schutz des Bauernhauptmanns. Dieser kam der Bitte nach und legte eine Besatzung auf die Burg Lichtenberg. Diese Schutztruppe unter den Beilsteinern Lienhard Scherer und Marx Bychel hat sich dort nicht gut benommen und drohte, die Burg abzubrennen. Darüber beklagte sich Barbara von Weiler bei Feuerbacher. Sie bat um einen Schutzbrief, der ihr auch ausgestellt wurde, und Scherer und Bychel wurden verwarnt.

  1. April (Dienstag nach Ostern):

Eine Gesandtschaft des Stuttgarter Landtags kam zur Mittagszeit auf den Wunnenstein, die durch Verhandlungen die Bauern hinhalten wollte.  Feuerbacher erklärte den Stuttgartern, man wolle die brutalen „ausländischen“ fränkischen Bauernhaufen von Württemberg fernhalten. Auch vier Beschwerden bzw. Forderungen teilte der Bauernhauptmann den Landtagsabgeordneten mit, nämlich die Forderung nach Recht und Gerechtigkeit für alle, dass das Evangelium gepredigt werden solle, dass die besonderen Beschwerden eines jeden Fleckens erhoben werden und die „Zwölf Artikel“ der Bauernschaft (von Memmingen) abgenommen werden sollen. Diese forderten die freie Pfarrerwahl (1), die Abschaffung des Kleinzehnten, kirchliche oder gemeinnützige Verwendung der Großzehnten (2), die Aufhebung der Leibeigenschaft (3), die freie Jagd und Fischerei in Wald und Gewässern (4), die Rückgabe der Wälder zur Nutzung für alle (5), die Reduzierung der Frondienste (6), Einhaltung bestehender  mündlicher Besitzbedingungen (7), Neufestsetzung der Abgaben an den Grundherren (8), feste statt willkürlicher Strafen (9), Rückgabe der Allmenden (Gemeindebesitz) (10) und Abschaffung des Todfalls (Abgabe beim Tod eines Bauern oder einer Bäuerin) (11). Der 12. Artikel erklärt die grundsätzliche Bereitschaft, auf alle Forderungen zu verzichten, die dem Wort Gottes nicht gemäß sind.

In der Nacht zum 19. April rückte der Bauernhaufen ab und begann seinen (Protest-)Zug durch Württemberg, bei dem den Aufrührern dann Dorf um Dorf, Stadt um Stadt und Amt um Amt zufallen sollten; zuerst freiwillig, später auch durch Drohungen und Zwang.

Bild: Landkarte des Protestzugs (rot) durch Württemberg

Über Ottmarsheim ging es nach Gemmrigheim, wo es schon bald etwa 3.000 Bauern waren. Dort musste der Pfarrer geschützt werden, weshalb das Hauptquartier ins Pfarrhaus gelegt wurde. Um die alte Kirche herum gaben sich alsbald viele Bauern dem Weingenuss hin. Die Stuttgarter Delegation kam nun hierher und schlug einen Landtag in Marbach vor. Feuerbacher lehnte aber ab, denn aus eigener Erfahrung war er der Meinung, dass schon viele Landtage nichts gebracht hätten. Er versprach der Delegation aber, ihr am nächsten Tag die Forderungen der Bauern schriftlich zu übergeben.

Unter Zuzug aus zahlreichen Orten ging es nun neckarabwärts in Richtung Lauffen. Jetzt gab es Gefahr für die Schlösser Liebenstein (bei Neckarwestheim) und Hohenstein (bei Kirchheim am Neckar) durch den radikalen Flügel der Bauern. Feuerbacher konnte sich durchsetzen, aber viele radikale Aufständische murrten und der Bauernhauptmann wurde wegen zu großer Weichheit abgesetzt.  

Donnerstag, 18. April:

An Neckarwestheim vorbei ging es nach Lauffen, der württembergischen Amtsstadt am Neckar.

Die Lauffener hatten ja schon früher aus Stuttgart Hilfe erbeten, die jedoch nicht gekommen war, da sich die Regierung nicht mehr in Stuttgart aufgehalten hatte. Sie befand sich ja in Tübingen. Damals schrieben die Lauffener, dass der „gemeine Mann“ gänzlich aus dem Gleichgewicht gerate und der Bauernhaufen beim Kloster Schöntal sich ständig vergrößere. Dort sollen schon zehn- bis zwölftausend Bauern versammelt sein. Diese sollten beabsichtigen, gleicherweise nach Lauffen zu kommen, um das Prämonstratenserinnen-Kloster heimzusuchen. Da die Amtsstadt aus Stuttgart keine Hilfe erhalten hatte, traten die Lauffener jetzt auch auf die Seite der Bauern. Das Kloster wurde aber trotzdem noch geplündert und stark zerstört.  

Die Abgeordneten aus Stuttgart kamen letztmalig, aber Feuerbacher machte ihnen vor den Toren Lauffens klar, dass er abgesetzt worden sei und nicht mehr verhandeln dürfe. Erfolglos brach die Delegation wieder nach Stuttgart auf. Der Württemberger Haufen beriet sich in Lauffen, aber kein besserer Führer wurde gefunden, somit wurde dem Abgesetzten wieder die Hauptmannschaft übertragen.      

Es gab einen neuen Zuzug, der Zabergäuer Haufen unter Hans Wunderer schloss sich dem Württemberger Haufen an. Der radikale Wunderer hatte schon das Deutschordensschloss auf dem zu Brackenheim gehörenden Stocksberg geplündert und in Brand gesteckt. Er wurde sogar zum zweiten Hauptmann des Gesamthaufens gewählt.

Auch der von Weinsberg her berüchtigte Böckinger Bauer, Jäcklein Rohrbach, der noch weitere Plünderungen und Brandschatzungen begangen hatte, schloss sich mit 200 Heilbronnern den Württembergern an. Dies gefiel dem Großbottwarer Bauernführer natürlich überhaupt nicht. Und von nun an entschied auch der ganze Haufen als Bauernrat mit Stimmenmehrheit. Dieser war jetzt das entscheidende, demokratisch gewählte Organ der Aufständischen. Feuerbacher wurde mehrmals überstimmt und musste somit manches ausführen, was er nicht wollte. Er hatte ja den Württembergern den Stempel der Mäßigung aufgesetzt. Aber Raub und Mord ließ er nicht zu. Für die von den Bauern bedrohten Edelleute stellte er Schutzbriefe aus, was den radikalen Mitstreitern gar nicht gefiel. So konnte der Großbottwarer aber großes Unrecht vermeiden.    

Am 22. April, das Württemberger Bauernheer war inzwischen auf rund 8.000 Mann angewachsen, zog man neckaraufwärts über Besigheim und Bietigheim weiter, jetzt auf der anderen Neckarseite.   

Nun ging es auf die Landeshauptstadt Stuttgart zu. Da aber die Regierung und die Hofbeamten auf die Festung Hohentübingen geflohen waren, musste die Stadt die Kriegsgefahr selbständig lösen. Stuttgart wollte wie schon immer verhandeln und die Bauern hinhalten, bis Hilfe vom Schwäbischen Bund (Bündnis verschiedener Reichsstädte und Territorien) käme. Die Stadt bildete einen Gemeindeausschuss, zu dem auch der namhafte Künstler und sozialkritische Maler Jörg Ratgeb (geboren als Jörgen Schürz) gehörte. Dessen Frau war Leibeigene des Herzogs Ulrich, was die gesellschaftlichen Möglichkeiten des Malers mit humanistischer Bildung einschränkte. Auch war er Mitglied der Gesandtschaft Stuttgarter Bürger, die mit den Bauern verhandeln sollte. Beim Zusammentreffen der Bauernhauptleute mit der Stuttgarter Delegation (mit Theus Gerber, Martin Nüttel und Jörg Ratgeb) gab es abermals keine Einigung. Den Bauern wurde eine Wiese in der Nähe des Vororts Berg zugewiesen. Jedoch brach da ein fürchterliches Unwetter mit strömendem Regen und Hagelkörnern aus, das alle Planungen über den Haufen warf. Die durchnässten Bauern stürmten in die Stadt und suchten dort Quartier. So wurde letztendlich Stuttgart doch besetzt, was dem Bauernheer nicht schwerfiel, da alle Verteidigungspläne durch Jörg Ratgeb verraten worden waren. Er hatte sich nämlich jetzt der Bauernsache verschrieben. Wegen Verrats sollte er später grausam hingerichtet werden. Er stieg binnen weniger Tage zum Bauernkanzler und Siegelbewahrer auf. An diesem hochgeschätzten Maler sieht man, dass nicht nur Bauern Träger des Aufstandes waren. Auch standen Bürger, Handwerker. Kaufleute. Priester und Edelleute auf der Seite des „gemeinen Mannes“. Ratgebs verdeckte Kritik an den herrschenden Zuständen ist an einer Tafel des Herrenberger Altars (Staatsgalerie Stuttgart) zu entdecken, wo er bei der Auferstehung Jesu das von den Herren gegen die einfachen Menschen eingesetzte Landsknechtswesen darstellt. Die Landeshauptstadt wurde zwar ohne Aufwand eingenommen, aber für die Aufständischen war es hier ernüchternd. Die Regierung, mit der man verhandeln und mit der man ein erfolgreiches Arrangement aushandeln wollte, war längst ausgewichen und traf ihre Entscheidungen von den militärisch gesicherten Festungen Hohentübingen und Hohenneuffen. Der württembergische Haufen bildete jetzt ein Heer von ca. 12000 Mann.

Teil 4: Der Weiterzug des Württemberger Haufens von Stuttgart bis zu seiner vernichtenden Niederlage in Böblingen

Der Württemberger Bauernhaufen hielt sich vom 25. bis 27. April in der Landeshauptstadt Stuttgart auf. Dort konnte er aber durch die Machtdemonstration seiner Bauern nichts erreichen, denn die österreichische Landesregierung befand sich längst in Tübingen. Also machte man sich auf nach Tübingen. Dort dachte man aber überhaupt nicht an Verhandlungen und wartete auf das Heer des Truchsess, das sich in Ulm gebildet hatte. Der Truchsess Georg III. von Waldburg (1488–1531) machte sich durch seine Kriegsführung für den Schwäbischen Bund einen Namen. Durch seine Gewaltmaßnahmen mit dem Heer des Schwäbischen Bundes, dem bündischen Heer, gegen die Bauern ist er als „Bauernjörg“ in die Geschichte eingegangen.

Weitere Stationen des Württemberger Bauernhaufens unter Matern Feuerbacher waren nun Waiblingen (28. April), Ebersbach an der Fils (29. April) und Kirchheim unter Teck (30. April bis 2. Mai).      

Die Nachricht, der Truchsess rücke mit dem bündischen Heer in Eilmärschen  vom Hegau heran, änderte die Pläne der Bauern. Sie zogen wieder in Richtung Stuttgart. Vielen Bauern war Feuerbacher zu gemäßigt und als das Heer vom 30. April bis 2. Mai in Kirchheim u.T. lag, brannten radikale Bauern die Teck nieder, trotz Feuerbachs Befehl, die Brandschatzung zu unterlassen. In Degerloch gab es am 4. Mai einige Plünderungen. Am 6. Mai ging der Marsch weiter nach Sindelfingen und Böblingen. Für Matern Feuerbacher wurde es jetzt immer schwieriger, sich durchzusetzen.  Der Graben zwischen gemäßigten und radikalen Bauernhauptleuten wurde immer tiefer. Trotz heftiger Streitereien waren die Bauern weiterhin erfolgreich, nahmen die Städte Nürtingen und Herrenberg ein. Vor dem gut geschützten Herrenberg am Fuße des Schönbuchs hatten sich die Bauern am Morgen des 8. Mai postiert. Es waren 12.000 Bauern, in 12 Fähnlein (Gruppen) aufgeteilt, unterstützt von 33 Geschützen unterschiedlicher Größe. Matern Feuerbacher forderte die Herrenberger vergebens auf, die Stadt friedlich an die Aufständischen zu übergeben. Ab 10 Uhr gab es zwei vergebliche Versuche, die Stadt mit Leitern zu stürmen. Das kostete 200 Bauern das Leben. Nun setzten die Angreifer mit Feuerpfeilen 17 Häuser und die Probstei in Brand. Das Stadttor sprengten sie mit Pulver. Herrenberg kapitulierte nach sechs Stunden Kampf und die Bauern drangen in die Stadt ein, die nun natürlich geplündert wurde. Matern Feuerbacher achtete aber auf Disziplin und ließ sogar gefangene Landsknechte vor Rache schützen.

Die Nachricht, der „Bauernjörg“ sei mit seinen Kanonen und etwa 7.500 Söldnern, darunter1.500 Berittene, schon in der Nähe Herrenbergs, verunsicherte die Massen. Sofort wurde die eigene Stellung in Herrenberg ausgebaut. Ein Teil der Bauern bezog Stellung auf der Höhe hinter dem Schloss, ein anderer lag mit den Geschützen und der Wagenburg in der Ebene vor den Gärten. Der Truchsess war jedoch vorerst zur Untätigkeit gezwungen, weil seine Söldner den ausstehenden Sold forderten und sich weigerten, die Kämpfe wieder aufzunehmen.

In der Zeit zuvor durchzog das bündische Heer schon plündernd und brandschatzend das Herrenberger Umland.

Bis heute ist ungeklärt, warum die Bauern in der Nacht auf den 10. Mai, die gerade mit Geschick ausgebaute Stellung bei Herrenberg räumten und in Richtung Böblingen weiterzogen.

Am 10. Mai zog nun der Bauernjörg in Herrenberg ein und fand dort noch die zurückgelassene Bauernkanzlei des Hellen Christlichen Haufens. In diesem Archiv ließ Feuerbacher alles schriftlich festhalten, was Steuereinnehmer und Proviantmeister von vorwiegend Klöstern, Stiften und anderen kirchlichen Stellen eingezogen hatten. Auch ist hier archiviert, was von staatlichen Getreidehäusern und Fruchtkästen in Anspruch genommen wurde.

Rasch zog der Truchsess weiter und bezog am 11. Mai ein Heerlager in Weil im Schönbuch. An diesem Tag bauten beide Heere ihre Lager in möglichst taktisch guten Stellen auf. Matern Feuerbacher setzte sich aber wieder für Verhandlungen ein, aber er wurde abgesetzt und durch den Ritter Bernhard Schenk von Winterstetten ersetzt, der für eine militärische Lösung war.

Am 12. Mai 1525 kam es zwischen Böblingen und Sindelfingen zur Entscheidungsschlacht.

Den Kriegsgeübten, gut ausgerüsteten und geführten Söldnern des Georg Truchsess von Waldburg (mit Geschützen und Reiterei) hatten die Bauern am Böblinger Goldberg nicht viel entgegenzusetzen. Obendrein bekamen sie noch Unterstützung von Graf Wilhelm von Fürstenberg. Zwar mit 12.000 Mann in der Überzahl, aber schlecht bewaffnet und kampfungewohnt, erlitten die Bauern eine verheerende Niederlage. In wilder Flucht strebten die Überlebenden des grausamen Gemetzels der Heimat zu. Die Verluste des Bauernheeres werden in den Quellen zwischen 2.000 und 9.000 Toten beziffert. Die Sieger sollen nur 15 Fußsoldaten und 25 Reiter verloren haben. Mit der Niederlage bei Böblingen war der Bauernaufstand im Herzogtum Württemberg beendet. Was auf dem Wunnenstein bei Großbottwar begonnen hatte, fand sein Ende auf dem Goldberg bei Böblingen.

In der Heimat wurden die Geflohenen durch die österreichische Regierung zur Rechenschaft gezogen.                               Doch fielen die Strafen im Vergleich etwa zu den hohenlohischen Herrschaftsgebieten verhältnismäßig mild aus. Die Württemberger mussten versprechen, dass sie künftig keine Waffen mehr, außer einem kurzen abgebrochenen Brotmesser, gebrauchen werden. Gesellschaften und offene Zechen hatten sie zu meiden. Dazu gab es aber auch noch Geldstrafen, Körperstrafen und Landesverweise. Bei den Geldstrafen werden ein bis einhundert Gulden genannt. Da es aber in Württemberg zu den Grundrechten eines Mannes gehörte, „Wehr und Waffen“ tragen und mit ihnen üben zu dürfen, war es wahrscheinlich, dass das auferlegte Waffenverbot nach einigen Jahren wieder aufgehoben wurde. Im Kriegsfall musste ja jeder Mann dem Landesherrn zu Diensten stehen. Anders sah es bei den Anführern der Bauern aus. Sie wurden meistens hingerichtet.

In den folgenden Monaten schlug der „Bauernjörg“ in den anderen Gebieten einen Bauernhaufen nach dem anderen. Die Führer wurden grausam hingerichtet.

Die Bauernführer Matern Feuerbacher, Jäcklein Rohrbach und Jörg Ratgeb konnten aber entkommen.

Der Böckinger Jäcklein Rohrbach wurde Mitte Mai gefangen genommen und an Georg Truchsess von Waldburg ausgeliefert. Dieser nahm ihn auf seinem Zug von Waldburg in Richtung Würzburg mit. In Neckargartach bei Heilbronn wurde Station gemacht. Dort wurde Jäcklein Rohrbach am 21. Mai 1525 hingerichtet. Mit einer Kette wurde er an einen Weidenbaum gebunden und bei lebendigem Leibe verbrannt. Adlige trugen eigenhändig das Holz für seinen Scheiterhaufen zusammen, auf dem der Bauernführer aus Rache und zur Abschreckung einen ausgesucht langsamen Feuertod erlitt. Gleichzeitig wurden andere gefangene Bauern geköpft und an die Bäume gehängt. Von hier aus wurde auch eine Strafexpedition gegen Weinsberg unternommen. Der Besitz Rohrbachs wurden der Familie des Grafen von Helfenstein übereignet.

Der Schwäbisch Gmünder Maler Jörg Ratgeb konnte fliehen, wurde jedoch denunziert und verhaftet. Er wurde des Hochverrats angeklagt und 1526 in Pforzheim durch Vierteilung mit Pferden hingerichtet.

Der Prozess gegen Matern Feuerbacher 1527

Anfang des Jahres1527 wurde der ehemalige Bauernführer Matern Feuerbacher auf Betreiben der württembergischen Regierung in der freien Reichsstadt Rottweil festgenommen. Diese war seit 1463 in einem Bündnis mit den Eidgenossen. Seit dem 13. Jh. war Rottweil auch der Sitz des kaiserlichen Hofgerichts. Dieses war aber nicht Feuerbachs Gerichtsinstanz, denn aus der Eröffnungsformel des Prozessprotokolls und dem mit dem „Insigel“ der Stadt Rottweil versehenen Urteil geht jedoch zweifelsfrei hervor, dass hier das Rottweiler Stadtgericht tätig geworden war. In Rottweil wurde also dem etwa 42-Jährigen der Prozess gemacht, der 4 Monate dauerte. Der Schwäbische Bund verlangte zwar die Herausgabe des Festgenommenen, was aber die Reichsstadt hartnäckig verweigerte. Der Truchsess hätte zweifellos mit dem Gefangenen kurzen Prozess gemacht. Das Stadtgericht aber verfuhr anders. Es gab zwischen Mai und September 6 Gerichtssitzungen, zu denen rund 90 Zeugen geladen waren. Anklägerin war die Württemberger Regierung, die noch bis 1534 in den Händen Habsburgs lag. Die Zeugen der Anklage wurden in Stuttgart vernommen, die Entlastungszeugen in Esslingen. Es gab folgende schwerwiegenden Anklagepunkte:

  1. Feuerbacher war oberster Führer von Aufrührern.
  2. Er habe Dörfer und Städte zum Abfall von der rechtmäßigen Regierung gezwungen.
  3. Er habe Steuern erpresst.
  4. Er habe militärische Aktionen durchgeführt, um die Macht in Württemberg an sich zu reißen.

Der Anklagevertreter forderte, Feuerbacher unter Folter zu befragen und beantragte die Todesstrafe. Die Verteidigung stand unter der Führung von Feuerbachs Bruder Bernhard. Er war von 1510 bis 1531 in Esslingen Bürger, Anwalt, Prokurator, Spitalschreiber und kaiserlicher Notar. Dieser konnte zwar keinen dieser Anklagepunkte bestreiten, plädierte aber trotzdem auf Freispruch. Dazu brachte die Verteidigung folgende Entlastungsargumente vor:

  1. Feuerbacher habe mit Einverständnis, ja sogar mit der Aufforderung der Obrigkeit an dem Aufruhr teilgenommen.
  2. Er war gegen seinen Willen zum Oberst gewählt worden.
  3. Damit sei er an die Mehrheitsbeschlüsse der Bauernräte gebunden gewesen.
  4. Ihm sei es nur um politische und kirchliche Reformen gegangen.
  5. Er habe die Aufrührer von Plünderung und Brandschatzung gehindert und damit viele Dörfer, Städte, Klöster und Schlösser vor der Zerstörung bewahrt.
  6. Er sei selbst von den Empörern abgesetzt worden und von diesen sogar mit dem Tode bedroht worden.

Als Entlastungszeungen sagten natürlich auch der Ritter Spät aus Höpfigheim und ein Dienstmann der Barbara von Weiler aus. Ebenso Abt Oswald des Klosters Murrhardt, das damals viel Besitz in Großbottwar hatte. Die Anklage konnte diese Punkte natürlich nicht bestreiten, berief sich aber weiterhin auf die Tatbestände des Landfriedensbruchs, des Raubes, der Empörung und der Machtusurpation, auf das in jedem einzelnen Falle die Todesstrafe gestanden hätte. Und so gab es nur den Antrag auf die Todesstrafe. Am 13. September 1527, in der 6. und letzten Gerichtssitzung, verkündete das kaiserliche Hofgericht in der freien Reichsstadt das überraschende Urteil: Freispruch (10:2). Die Klägerin, die württembergische Regierung, musste sogar die Gefängniskosten übernehmen, denn, nachdem Feuerbacher Ende 1526 in Rottweil verhaftet worden war, musste er fast ein Jahr lang im Kerker verbringen. In seine Heimat, das Bottwartal, durfte der Freigesprochene aber niemals zurückkehren, auch den Wunnenstein, auf dem am Ostermontag seine Revolutionskarriere begann, konnte er nie wieder betreten. Er wurde ins „Ausland“ verbannt. Feuerbachers Güter waren inzwischen schon vom Schwäbischen Bund und der Stuttgarter Regierung beschlagnahmt worden, und seiner Familie wurde die Ausreise untersagt.

Nach seinem Freispruch zog Feuerbacher ins Land der Eidgenossen, nach Zürich ins Exil, wo er am 18. Juli 1529 das Bürgerrecht erhielt. 1530 durfte dann auch seine Familie nach Zürich ausreisen. Dort hatte er einen guten Ruf durch „Wohlverhalten, Ehrbarkeit und Dienstbarkeit“. Matern Feuerbacher und auch der Züricher Rat wandten sich mit der Bitte um „Ausfolgung“ des Feuerbacher´schen Besitzes an die württembergische Regierung in Stuttgart. Erst 5 Jahre nach dem Prozess, im Februar 1531 sprach man sich in Stuttgart dazu bereit. Nach längerer Verzögerung kamen die Stuttgarter dem auch nach. Nun wurden wohl Feuerbachers Hab und Gut in Großbottwar verkauft, dessen Erlös ihm dann ausgehändigt wurde. 1539 erfährt man, dass sich der ehemalige Bauernführer im Dienst des Markgrafen Ernst von Baden in Pforzheim befindet. Hier war er als „Küchenmeister“ für die Verwaltung der Hofhaltung des Badeners zuständig. Als ehemaliger Gast- und Schankwirt hatte Feuerbacher sicher einige Erfahrung für dieses Amt.

Im Hauptstaatsarchiv in Stuttgart ist das umfangreiche Protokoll dieses Prozesses erhalten.

In dem Großbottwarer Kaufbuch ist 1567 eingetragen, dass es hier noch zwei Schwiegersöhne Feuerbachers gibt. Den Bäckermeister Hanns Rentz und David Schnierlin, den Präzeptor (Lehrer) an der hiesigen Lateinschule, der dann Pfarrer zu Gerrach (Neckargerach) wurde. Diese beiden verkauften das Haus Nr. 5 n. Es ist das heutige Eckhaus Kirch-/Entengasse. Das schöne Hauszeichen 1718/ICHMP erinnert noch an seine frühere Funktion als Fruchtkasten des Murrhardter Wirtschaftshofs. Von 1698 bis 1719 war hier übrigens Johann Conrad Hölderlin Murrhardter Pfleger und Geistlicher Verwalter (I=Johann, C=Conrad, H=Hölderlin, M=Murrhardter, P=Pfleger). Er und seine Frau Maria Barbara sind die Urgroßeltern des berühmten Friedrich Hölderlin.

Hans-Wolfgang Bock